So, Momentchen – also jetzt hört mir aber mal zu. Und zwar GANZ genau. Ihr kennt ja noch gar nicht die andere Seite der Geschichte!!! Weil voreilig geschlussstricht, das wird bei mir überhaupt nicht.
Also gut, die andere Seite der Geschichte. Meiner Heimat-Geschichte. Die liegt elbabwärts, im Nord-Westen. Von Pirna aus betrachtet, meine ich. Also ich glaube am besten fange ich mal direkt am Dreh- und Angelpunkt an: Am Tor vor meinem Laurichhof. Wobei man da zum angeln wenn mans ganz genau nimmt ja noch drei Meter runter, bis zur Elbe laufen müsste... Aber pingelig können die anderen sein, das ist mir doch egal! Ihr wisst ja, von meiner letzten Blog-Post, dass direkt hier, vor meiner Tür, der Elberadweg vorbeiführt. Spitzenmäßig, oder?!, dachtet ihr bestimmt damals schon! Aber passt mal auf, jetzt wird’s noch abgefahrener: Auf dem kommt man nämlich nicht nur bis ins Elbsandsteinbirge hinein - neeee, der schlingelt sich auch noch schnurstracks bis in mein liebstes Nachbarstädtchen. Nach Dresden nämlich! Und nach Meißen! Und sogar bis ganz in den Norden, da wo die Möwen Pommes gestreift zum Frühstück verpicken. Nach Hamburch, moinmoin!! Aber ganz offen geplaudert: SO besportelt und vertränt bin ich jetzt auch nicht, von meinem drei-Osterrunden-durch-die-sächsische-Steppe-Eiern. Deswegen erst mal schööööön langsam und gediegen! Wir wollen ja jetzt keinen beradelten Elb-Rekord aufstellen. Und uns mit den Dampfern ein rasantes Reifen-an-Bug-Rennen liefern. Das hab ich schon mal, und wisst ihr was, ich hab auch gewonnen! Danach warn meine Haare kerzengerade und meine Augen, die hab ich erst am Abend wieder klein gekriegt. Mit meinen letzten Rest-Kräften! Also nein, lieber schöööön gemütlich! Mit dem Bauch in der Sonne und der Nase im lauen Lüftchen. Und so schnell kommt ihr eh nicht an Dresden vorbei. Den Zinober kann ich euch gleich austreiben!! Mit angemessenen Pausen und so… Da zwinkern euch nämlich schon unterwegs die wilden Weinhänge keck von der Seite an. Und sone Verkostung, auf einem sächsischen Weingut, also die würde ICH ja nicht ausschlagen, an eurer Stelle! Hatte ich eigentlich schon erzählt, dass die Sächsische Weinstraße direkt am Laurichhof beginnt?! Wenn das mal kein Zufall ist, oder?! Wem das jetzt, mit diesen frohen Nachrichten im Hinterohr, mit dem Rad zu abgeulkt wird, der nimmt halt einfach den Schaufelraddampfer – die kraulen natürlich nicht nur bis ins Elbsandsteingebirge hinein, sondern auch in die andere Fahrtrichtung! Das ist gaaaar kein Problem!! Sonst wär die Elbe ja ein Einbahnspritztourengewässer.
So trudelt ihr also erstmal verträumt und sonnengebräunt im idyllischen Pillnitz ein, einem richtig schnucklig-süßen, kleinen Stadtteilchen von Dresden. Und da gibts ein echt gewaltig schönes Schloss, da solltet ihr mal einen Blick reinschmeißen. Also richtig hinter die Tore, nicht nur durchs Schlüsselloch! Und Schlossfans sind hier eh verhimmelt bei uns, wirklich wahr! Es gibt sogar eine Clique, die sich extra darum kümmert! Dass die Klinken da immer schön glitzern und glänzen. Und die Tore nicht allzu arg quietschen. Und die Blümchen immer schön schick frisiert sind. Na, ihr wisst schon. Schlösserland Sachsen, so nennen die sich glaube ich. Und apropos sprießende Pflänzchen – da gibts im Pillnitzer Schloss auch richtig was zum verblümeln: Allein der Schlosspark ist nämlich ein kunterbunt bepflanztes Kunstwerk, wie aus Filmen, so richtig romanzisch! Und ein Haus für Palmen gibts da, und für Kamelien! Komischer Name für Pflanzen, die ja so gar kein Fell haben. Aber mich fragt ja bei sowas auch nie einer. Also die Moneten für den Kanarien- oder Ägyptenurlaub, die könnt ihr euch ja mal locker sparen hier.
Ne richtig süße Pause könnt ihr da auch noch machen, in ner kleinen Schokolaterie. Mit so dicker Trinkschokolade, da könnt ihr euch locker ne Stunde belöffeln! Oder beeimern, wem noch ein paar Kilos fehlen. So richtig was gönnen, das mag ich immer gern! Und frisch gestärkt schwingt ihr dann eure Schokoschenkel wieder feurig auf dem Rad durch den Wind, dass die Öhrchen nur so wedeln. Da tretet ihr zweifach einmal richtig wuchtig mit aller Schenkelkraft rein und schwuppsssss – erlebt ihr euer blaues Wunder!! Jaaaa, richtig, und zwar das echte! Das gibts nämlich nur hier. Ist ne Brücke aus Stahl, ohne Pfosten im Wasser. Und ganz blau. So wie die Forelle. Die kommt ja auch von hier, aus der Forellenzucht in der Sächsischen Schweiz! Also was ihr alles noch nicht wusstet… Und wen hier die Schokoschenkel schon wieder verlassen, der tauscht sie einfach gegen nen beschwipsten Bierbauch ein. Bierisch gartenwarten und abelben, so machen wir das hier. Danach kann man den Radlerranzen auch ganz gediegen in ne Schwebebahn reinschwingen, die hoch bis auf den weißen Hirsch schunkelt. Und wenn dann die Büsche und Bäume am Gondelfenster vorbeischießen und ihr da drüberblinzelt, dann könnt ihr immer weiter gucken! Weiter, als die Schweizer. Die, wegen denen die Sächsische Schweiz so heißt. Ihr wisst schon. Bis zum Horizont hinter und wieder zurück! Nen weißen Hirsch hab ich da übrigens noch nie gesehn, da oben. Ich glaub ja das ist eher so ne Yeti-Legende. Aber schön ist's da, oh ja, das ist wirklich wahr!
Und wenn ihr euch irgendwann abgeblickt habt und wieder bisschen beradeln wollt, mit dem Dampfer oder dem Drahtrad, dann werden die Knieschoner und die Fliegenbrillen wieder aufgestülpt und weiter geht die rasante Reise! Bis nach Italien! Neeein doch, nicht das in der anderen Richtung. Wart ihr noch nie in Florenz? Tja, jetzt schon, hehe! Elbflorenz heißt das hier. Braucht ja nur mal in die Stadt reingucken, vom Ufer aus. Dann wisst ihr, wieso. Direkt auf den Balkon Europas! Aber wir haben nicht nur schöne Namen. Da wo ihr jetzt mit dem Dampfer anlegt, das ist das Terrassenufer. Die hübsche Heimat der ältesten Schaufelraddampfer-Flotte der Welt! Zum Dresdner Stadtfest, da wird hier auch immer ein Schaufel-Spektakel aufgeführt, das kommt ja schon fast an die KiWo ran! Mit hübsch geputzten Bugen und Hecken und Bands und Tröten und Trompeten, da schunkeln die Dampfer die Elbe hinunter. Tanzrad-schwingend und Dixie-singend. Wie freischaufelnde Künstler. Aber der wirklich echte Star auf der Wasserstraße, das ist ein Kahn! Jawohl, ein Kahn! Schaut da mal vorbei, da erlebt ihr ein Theater... und zwar mitten auf dem Wasser! Nö, den könnt ihr gar nicht verfehlen. Der heißt genau so, wie ihr jetzt schon dachtet. Theaterkahn. Googelt das mal, das kann ja selbst ich.
Und jetzt dreht euch mal rum! Naaaa?? Hab ich zu viel versprochen? So ein Anblick, also ja, hab ich schon erwähnt, dass es das nur hier bei uns gibt?! Die Brühlsche Terrasse, das ist der Balkon. Von eben. Was ich schon erzählt hab, erinnert ihr euch? Da hat der August, der Starke, mal seinen Daumen ins Geländer geknietscht. Der war so stark, den Abdruck sieht man sogar heute noch! Ist kein Scherz, ersthaft jetzt!! Und da sind auch gleich meine beiden Lieblingsmuseen nebenan. Die meisterhaften Alten und Neuen! Oder die Neuen und die Alten. Meister warns auf jeden Fall! Da hängt nämlich alles voller richtig doller Kunst drin rum. Aber da könnt ihr auf jeden Fall mal noch einen Tag länger einplanen. Weil das muss ja auch adäquat beglotzt werden, nicht wahr?!
Gleich dahinter gehts weiter zum Neumarkt. Und DA steht sie! Die gute Trude. Das wirklich wahre Wahrzeichen von Dresden. Unsere weltberühmte Frauenkirche. Und die hat ja auch schon so einiges erlebt. Wusstet ihr, dass es genau da, an dieser Stelle hier schon seit tausend Jahren eine Frauenkirche gab?! Da war Dresden noch ein klitzekleines Kuhkaff. Die Kirche, die hat schon alles gesehen. Vom Marktschreier in Ritterrüstung bis zum Pflaumenmusverkäufer mit Designerpantoffeln. Und wisst ihr woraus die gemacht ist, die Kirche? Jawohl, aus UNSEREM sächsischen Sandstein, tadaaaa! Ein echtes Ur-Gestein. Gibts nur bei uns! Von da aus ziehen wir dann weiter, den Fürstenzug entlang. Das ist ne Pflastersteinstraße, mit ner riesigen Mauer. Und auf der, da sind ganz viele tausende Mosaiksteinchen drauf. Und Bilder. Von früher! Mit einem gaaaaaaaanz laaaaaangen Zug. Mit Pferden. Keine Eisenbahn. Der ist über hundert Meter lang!! Und über zehn Meter hoch!! Und die Steinchen, also das sind ja eigentlich Fliesen, wenn mans genau nimmt. Aus unserem guten Meißner Porzellan! Über 25.000 Stück! Tja, also ich will ja nicht rumpransen, aber das ist das größte Porzellanwandbild in der ganzen großen weiten Welt! Da könnt ihr auch ruhig mal eure Äuglein anstrengen und abstaunen. Gibts nur hier, bei uns. Jawohl!
Noch ein paar Schritte weiter, und ihr steht auf dem BERÜHMTESTEN Platz aller Plätze. Dem Theaterplatz. Vor der Semperoper. Da hab ich schon früher mit meinem Opa drin abgeopert. Es gibt aber auch lustige Leute, die denken, dass da drin Bier gebraut wird. Wegen der Werbung. Im Fernsehn. Naja, ich hab ja keinen. Ich weiß ja, dass Fernsehen richtig wirre und irre und kirre macht! So, und wenn ihr DA jetzt schon mal seid, dann zwing ich euch noch in den Zwinger rein, hihi. Dort drin, im parkvollen Garten, da hat der August seine Orangenbäume versammelt. Und dann wurden da rauschende Parties geschmissen, das können wir uns ja gar nicht mehr vorstellen. Da sind unsere Feten heute staubtrocken dagegen. Wie ein Weißwein-Tröpfchen auf der heißen Zwinger-Mauer. Die allgemeinen Feten jetzt. Nicht meine natürlich. Die Feten, die ich schmeiße, die vergisst niemand mehr am Ende, ganz wirklich! Da seid ihr auch wirklich selbst schuld, wenn ihr das bisher verpasst habt. Kann ich nix für.
Aber wisst ihr, was man in Dresden auch richtig gut machen kann? Sich ein paar Tüten unter die Arme klemmen und mal so richtig kräftig abshoppen. Das hat sich sogar schon rumgesprochen hier! Manchmal kommen uns auch die Bummel-Fans und Shopping-Freunde der Stadt besuchen, aus Tschechien und Russland und Polen. Die kommen direkt mit ihren Koffern angeholpert, also das wär mir ja zu stressig muss ich mal ehrlich sagen. Den will ich schööön im Hotelzimmer stehen lassen. So ein sperriges Teil, der passt ja in keinen Café-Stuhl mit rein! Nee nee, das kommt mir nicht in die Tüte. Aber zu kaufen gibts hier schon paar Sachen. Man kann den Koffer also eigentlich auch ganz zu Hause lassen. Im Notfall. Weil live-Style, also das geht hier echt gut.
Und wer mal was aufregendes erleben will, der kommt am besten direkt mit über die Elbe. Am Goldenen Reiter vorbei. Das ist schon wieder der August, auf nem riesigen Pferd. Verrückt, wie damals alles viel größer war als heute, oder?! In ein paar Jahren, da sind wir Menschen so groß wie die Ameisen, wenn das so weitergeht! Also, nur noch ein kleines Stückchen, und dann sind wir schon mitten drin. Im Szeneviertel der Stadt, so heißt das ja in inneren Seiten-Kreisen. Hier ist es bunt und laut und fröhlich und herzlich und weltoffen und alles ist voller Kunst. Wie bei den Meistern, nur halt umgestülpt. Außen an den Gebäuden dran. Wie die Kunsthofpassage zum Beispiel. Die musikt da immer vor sich hin, wenns regnet. Von ganz allein! Und da ist alles voll, mit ganz vielen, herzallerliebsten kleinen Cafés und Restaurants an jeder Ecke, und kleinen Einkaufsboutiquen. Und DA gibts dann endlich ein wohlverdientes Eis, jawohl! So macht das gleich viiiel mehr Spaß, mit frisch gestärkten Eisbeinen durch die Gässchen zu tapsen. Da gibts auch überall so modernes Essen, die jungen Leute nennen das Foodprom. Weil die das feiern, so wie zur Prom in Amerika, vielleicht? Hab ich noch nie verstanden, das Wort. Aber es schmeckt so verzückend, das müsst ihr auch mal verkosten! Und das ist wohl so richtig gesund und nachhaltig. Ohne Fleisch und Milch und so. Und wenn, dann von kleinen Höfen und lieben Familien. So wie bei uns!!
Also, merkt ihr, hier ist für jeden was dabei! So, und nun kennt ihr die andere Seite also auch. JETZT könnt ihr euch gern eure Meinung bilden. Aber das geht auch nur wirklich gut, wenn ihr dazu auch mal herkommt und euch das in Echt anschaut. Ist ja klar.
Also, alle Mann und Frau an Bord?
Na dann, ABFAAAAAAHRT!!!!
Tuut tuuuut, ahoi, ihr alten Landmäuse!
Eure Lilli